Beispiel für Brutalismus: Rathaus in Offenbach wird 50 Jahre alt
Es ist Anlaufstelle nicht nur für alltägliche Anliegen – und architektonisch etwas ganz Besonderes. Bei seiner Einweihung am 10. Juli 1971 galt das Offenbacher Rathaus als Symbol für den Wiederaufbau und den Wirtschaftsboom. Nun feiert das Beispiel für Brutalismus in aller Bescheidenheit seinen 50. Geburtstag.
Mit dem Rathaus begann in Offenbach eine neue Ära der kommunalen Selbstverwaltung: „Als erstes Bauwerk in der 1000-jährigen Geschichte unserer Stadt wurde es explizit als Rathaus konzipiert“, betont Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke. Zuvor war die Verwaltung stets in umfunktionierten Gebäuden untergekommen – als letzter zentraler Sitz hatte ihr, bis zu dessen Zerstörung 1943, das Büsing-Palais gedient. „Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Ämter und Behörden auf bis zu 20 Häuser in Offenbach verteilt“, berichtet Schwenke. Mit dem Neubau fanden die Bürgerinnen und Bürger alle Dienstleistungen unter einem Dach vor – und die Stadtverordneten erhielten endlich einen angemessenen Sitzungssaal. „So dient das Rathaus der Bürgerschaft und Verwaltung gleichermaßen“, schrieb der damalige OB Georg Dietrich im Vorwort der Broschüre zur Eröffnung 1971.
Zwei Gebäude in einem
Bemerkenswert ist das Gebäude auch durch seine Architektur, die schon am Eingang ins Auge sticht: Der dreieckige Büroturm erhebt sich auf schlanken Ständern und mit 15 Etagen über dem Flachbau für das Parlament. „Das sind praktisch zwei Gebäude in einem“, erläutert die Kunsthistorikerin Stephanie Heeg-El-Sayed, die regelmäßig Führungen rund um das Offenbacher Rathaus und das Thema des Brutalismus anbietet. Dieser Begriff für den modernen Architekturstil stammt vom französischen „beton brut“, dem sichtbar belassenen, rohen Beton. Unabhängig von seiner subjektiv-ästhetischen Empfindung ermöglichte dies ab den 1950er-Jahren Gebäude auf höchstem Niveau, wie auch das Offenbacher Rathaus bis heute belegt.
Die fortschrittlichen, bundesweit beachteten Pläne stammten von der Architektengemeinschaft Maier, Graf und Speidel aus Stuttgart, die den Wettbewerb der Stadt für sich entschied. Das Interesse an dem Projekt war enorm: 237 Architekturbüros forderten nach der Ausschreibung im Oktober 1961 die Unterlagen an und 84 davon beteiligten sich tatsächlich an dem bundesweiten Wettbewerb. Der Sieger-Entwurf eines „Breitfußes mit daraufgesetztem Hochhausteil (…) bestach insbesondere durch seine gute Eingruppierung in die Umgebung“, heißt es in der Broschüre von 1971. Gewürdigt wurde auch die „verfeinerte Betonarchitektur“. Der erste Spatenstich für das neue Rathaus erfolgte am 13. Juli 1968.
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(Artikel für das Presseamt der Stadt Offenbach, 07/2021)